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Wenn aus einem Spiel Ernst wird

 

Freundschaft, Liebe, Freiheit, Wut, Verzweiflung, was ist richtig und was ist falsch? Als Jugendlicher erfährt man all diese Gefühle zum ersten Mal auf eine ganz andere Weise. Man ist oft unzufrieden mit sich selbst, und weiß nicht so richtig, was man von seinem Leben erwarten soll. Deswegen versucht man sich, gerade in der Pubertät, selbst auszutesten. Aber wie weit kann man gehen und wann wird eine Grenze überschritten?

 

Genau diesen Problemen muss sich die Protagonistin in Lena Goreliks neuem Roman „Mehr Schwarz als Lila“ stellen. Denn mit 17 ist das Leben schwer. Vor allem wenn man wie Alexandra, die Alex genannt werden möchte, lieber Schwarz als Lila trägt und zusammen mit einem schweigendem Vater und einem Papagei lebt. Alex ist Halbwaise, ihre Mutter starb noch vor ihrem achten Geburtstag: „Klar war ich traurig, als meine Mutter starb. [I]ch war die, deren Mutter gestorben war im Schlaf.“ (S.134) Sie hat zwei beste Freunde: Paul und Ratte, die eigentlich Nina heißt- die drei sind unzertrennlich und treffen sich oft nach der Schule. Um sich die Langeweile zu vertreiben, spielen sie selbst erfundene Spiele, wie zum Beispiel „Du wirst dich doch trauen“ oder „Stell dir mal vor“. Immer so weit, bis sie kurz vor einer Grenze stehen. „Stell dir mal vor, du musst morgen nackt in den Unterricht.“ (S.33) In einem dieser Spiele geht Alex aber letztendlich zu weit und verletzt somit ihre besten Freunde.

 

Eines Tages stellt sich in der Schule ein Referendar vor, der einen erkrankten Lehrer vertritt. Sein Name ist Herr Spitzing. Schnell wird klar, dass Alex ihren neuen Lehrer attraktiv findet und sich in ihn verliebt hat. Er ist jung, macht anderen Unterricht als seine Kollegen und freundet sich sogar außerhalb der Schule mit Ratte, Paul und Alex an. Aber überschreitet er damit auch eine Grenze? Auf der Klassenfahrt nach Polen macht Herr Spitzing, den die drei mittlerweile „Johnny“ nennen, Alex klar, dass sie nur seine Schülerin ist, Paul dagegen, dass er für sie gern mehr wäre als nur ein Freund.

 

Lena Gorelik erzählt die Geschichte in ihrem eigenen Schreibstil: Kurze, abgehackte Sätze, die sich mit leichter Variation wiederholen. Meiner Meinung nach macht es dieser Stil schwierig, sich mit den Charakteren zu identifizieren. Man lernt die Personen nur oberflächlich kennen und kann sich nicht in sie hineinversetzen, weil ihr Empfinden und ihre Gefühle in den kurzen Sätzen nicht zum Vorschein kommen. So verspürt man während des Lesens immer ein eher distanziertes Verhältnis zu Alex und ihren Freunden.

 

Als die Klasse in Polen schließlich das Konzentrationslager Auschwitz besucht, küsst Alex ihren besten Freund Paul. Sie zeigt dem Leser wie egoistisch und unsensibel sie sein kann, trotzdem wird durch diesen Kuss auch deutlich, dass sie verwirrt und unsicher ist. Paul, der mir der sympathischste Charakter war, weil er sehr feinfühlig und nachdenklich ist, kann einem in dieser Situation wirklich leidtun, denn es gibt ein Foto von dem Kuss: Ein Junge und ein Mädchen, dahinter ein Galgen. Innerhalb kurzer Zeit haben Zehntausende das Foto gesehen, in Zeitungen, bei Facebook oder Twitter, empört und geschockt. Warum genau Alex das ihrem besten Freund angetan hat, weiß wohl keiner so recht.

 

Insgesamt ist mehr „Schwarz als Lila“ kein Buch, von dem ich sagen kann, ich habe es gerne gelesen. Meiner Meinung nach empfindet man den Inhalt des Romans, trotz der vielen aufeinanderfolgenden Ereignisse, oft als langweilig und eintönig. Trotzdem regt die Geschichte mit ihren Charakteren zum Nachdenken an, und ist durch ihren eigenen Stil sogar eher für Erwachsende als Jugendliche zu empfehlen.

 

von Eva Stumpf

 

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